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Herpes: Welche Arten gibt es?

ArtikelLesezeit: 3:00 min.
Mann mit Herpes an der Lippe

Bildnachweis: © stock.adobe.com / and.one

Fast jeder trägt das bekannteste Herpesvirus in sich, den Verursacher der juckenden Lippenbläschen. Doch es gibt noch einige weitere Herpesviren, die Erkrankungen auslösen können. Wir stellen sie Ihnen vor.

Expertenbild

Die Expertin zum Thema

Dr. Claudia Püttmann

Fachärztin für Allgemeinmedizin
ServiceCenter AOK-Clarimedis

Was ist Herpes?

Beim Wort Herpes denken Sie vermutlich zunächst an Herpes-simplex-Viren vom Typ 1 und 2. Diese häufigsten und bekanntesten humanen Herpesviren verursachen Infektionen der Lippen, Genitalien und manchmal auch der Augen.

Insgesamt gibt es aber über 200 bekannte Herpesviren, von denen acht bei Menschen auftreten können. Die menschlichen Herpesviren sind verantwortlich für verschiedene Krankheiten. Das Spektrum ist breit und reicht von den schmerzhaften, aber ungefährlichen Bläschen bis hin zu Krebserkrankungen. 

All diese Viren haben eine Gemeinsamkeit: Einmal infiziert, bleibt das Virus im Körper und kann immer wieder ausbrechen. Nach der Erstinfektion zieht es sich entlang der Nervenbahnen in Nervenzellen zurück, wo es in einem inaktiven Zustand verbleibt. Durch Stress, Erkrankungen oder eine Schwächung des Immunsystems kann das Virus reaktiviert werden.

Herpes-simplex-Virus Typ 1 (HSV-1)

Das bekannteste und am weitesten verbreitete Herpesvirus verursacht hauptsächlich Lippenherpes (Herpes labialis). Schätzungen zufolge sind mindestens zwei Drittel der Weltbevölkerung mit HSV-1 infiziert. Es wird durch direkten Kontakt mit Körperflüssigkeiten übertragen, zum Beispiel durch Küssen, Hautkontakt oder die gemeinsame Nutzung von Geschirr oder Handtüchern.

Die Erstinfektion kann mit grippeähnlichen Symptomen einhergehen, aber auch vollkommen unbemerkt verlaufen. Es gibt verschiedene Faktoren, die das Virus ausbrechen lassen können: Stress und Ekelgefühle, aber auch starke Sonnenstrahlung. Mehr dazu lesen Sie im Artikel über Lippenherpes

Wer gerade an Lippenherpes leidet, sollte sich nicht ins Auge fassen und immer gründlich die Hände waschen. Gelangt das Virus nämlich ins Auge, verursacht es eine Entzündung der Hornhaut (Herpes-Keratitis), die im schlimmsten Fall zu Erblindung führt. Lippenherpes kann außerdem ein Grund für die Entstehung von Aphthen im Mund sein, die manchmal sogar mit den Herpesbläschen verwechselt werden.

Herpes-simplex-Virus Typ 2 (HSV-2)

HSV-2 wird vor allem durch sexuellen Kontakt übertragen und verursacht hauptsächlich Genitalherpes (Herpes genitalis). Weltweit sind etwa 13 Prozent der Menschen zwischen 15 und 49 Jahren mit dem Virus infiziert. Genitalherpes äußert sich durch schmerzende, entzündete Haut und kleine, oft nässende Bläschen. Zudem kann die Haut brennen und jucken. Bei Frauen sind meistens Vulva und Vagina sowie der Gebärmutterhals betroffen, bei Männern Penis, Hodensack und Vorhaut. Die Bläschen können sich aber auch im Analbereich, am Gesäß und an der Innenseite der Oberschenkel zeigen.

Epstein-Barr-Virus (EBV)

Über 90 Prozent aller Menschen infizieren sich im Laufe ihres Lebens mit dem Epstein-Barr-Virus (EBV). Die Infektion erfolgt in der Regel im Kindesalter und verläuft meist ohne Symptome. Besonders bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen kann sich die frische Infektion jedoch als Pfeiffersches Drüsenfieber äußern. Das geht üblicherweise mit Fieber, Müdigkeit, Halsschmerzen und geschwollenen Lymphknoten einher, verläuft aber meist harmlos.

Das Virus kann aber auch Krebserkrankungen wie das Hodgkin-Lymphom auslösen. Und durch eine 2022 veröffentlichte US-Studie wurde auch ein Zusammenhang mit der Multiplen Sklerose (MS) bestätigt. Damit sich diese entwickelt, müssen aber neben der Virusinfektion noch weitere Faktoren gegeben sein; nur ein Bruchteil aller mit EBV infizierten Personen erkrankt also an MS. 

Zytomegalie-Virus (CMV)

Das Zytomegalie-Virus (auch Humanes-Herpesvirus-5/HHV-5) verbreitet sich über Körperflüssigkeiten wie Speichel, Urin, Blut, Muttermilch, Zervixschleim (Ausfluss zum Zeitpunkt des Eisprungs) und Sperma. Es löst die Infektionskrankheit Zytomegalie aus, die bei den meisten Menschen symptomfrei verläuft. Sie kann aber auch eine Vielzahl von Symptomen mit sich bringen, vor allem bei immungeschwächten Personen. Dazu zählen eine Schädigung der Lunge, der Leber und des Darms sowie des Auges mit Gefahr der Erblindung.

Bei Kindern, die sich schon im Mutterleib mit dem Virus anstecken, besteht das Risiko, dass sie mit Krankheiten, Wachstumsverzögerungen, Hörschäden oder einer geistigen Behinderung zur Welt kommen. Das Zytomegalie-Virus ist weltweit verbreitet; in Entwicklungsländern ist die Rate dabei besonders hoch.

Humanes Herpesvirus 6 (HHV-6)

Mit dem Herpesvirus 6 infizieren sich zumeist Kinder ab sechs Monaten – wenn die Antikörper der Mutter aus ihrem Körper verschwinden. Bei vielen Menschen ruht das Virus ein Leben lang, manche Kinder entwickeln aber auch das Dreitagefieber.

Typisch für das Dreitagefieber ist hohes Fieber über drei bis fünf Tage, gefolgt von Hautausschlag. Selten kommt es auch zu Krampfanfällen. In den meisten Fällen geht es von allein wieder weg und hat auch keine Spätfolgen. Bei immungeschwächten Personen, zum Beispiel HIV- oder Krebs-Patienten, ist eine HHV-6-Infektion oder Reaktivierung aber häufig gefährlich. In seltenen Fällen können sich auch ungeborene Kinder während der Schwangerschaft damit infizieren.

Da HHV-6 weit verbreitet ist und über Speichel leicht übertragen wird, ist die Ansteckungsgefahr in der frühen Kindheit hoch. Fast alle Menschen haben bis zum Erwachsenenalter Antikörper entwickelt, was darauf hinweist, dass sie sich irgendwann in der Kindheit angesteckt haben.

Humanes Herpesvirus 7 (HHV-7)

Das Humane Herpesvirus 7 (HHV-7) wird hauptsächlich durch Tröpfcheninfektion übertragen, zum Beispiel beim Sprechen oder durch direkten Speichelkontakt. Wie HHV-6 ist auch HHV-7 sehr verbreitet und die meisten Menschen infizieren sich bereits im Kindesalter. Die Infektion tritt in der Regel aber etwas später auf als bei HHV-6, häufig zwischen dem zweiten und fünften Lebensjahr, und bringt in den meisten Fällen keine Symptome mit sich. Es kann ebenfalls das Dreitagefieber verursachen, wenn auch weniger häufig.

Humanes Herpesvirus 8 (HHV-8)

Das Humane Herpesvirus 8 wurde erstmals in den 1990er Jahren entdeckt und spielt eine wichtige Rolle bei der Entstehung bestimmter Tumorerkrankungen. Es verursacht unter anderem das Kaposi-Sarkom, eine Krebsart, die sich in den Blutgefäßen der Haut, Schleimhäute, Lymphknoten und inneren Organe entwickelt. Das Kaposi-Sarkom tritt häufig bei Menschen mit geschwächtem Immunsystem auf, insbesondere bei HIV-infizierten Personen.

HHV-8 ist deutlich weniger verbreitet als andere Herpesviren; die meisten Fälle gibt es in Sub-Sahara-Afrika, dem Mittelmeerraum und Teilen Südamerikas auf. Es wird stark durch soziale, kulturelle und wirtschaftliche Faktoren beeinflusst, einschließlich der Verbreitung von HIV/AIDS. Es verbreitet sich hauptsächlich durch direkten Kontakt mit infizierten Körperflüssigkeiten.

Frau mit Headset am Computer.

AOK-Clarimedis

Medizinische Hilfe am Telefon.

Was hilft gegen Herpesviren?

Leidglich gegen das Varizella-Zoster-Virus gibt es derzeit eine Impfung: die Varizellen-Impfung gegen Windpocken im Kindesalter sowie die Gürtelrose-Impfung. Letztere wird von der Ständigen Impfkommission (STIKO) für chronisch kranke Personen mit erhöhtem Risiko für Gürtelrose ab einem Alter von 50 Jahren empfohlen, für gesunde ab 60 Jahren. Aktuelle Studien vermuten außerdem einen Zusammenhang mit Demenz: Besonders der neuere der beiden zugelassenen Impfstoffe gegen VZV kann Demenz offenbar erheblich verzögern oder gar verhindern. 

Bei allen anderen Herpesviren lassen sich ausschließlich die Symptome behandeln. Die Forschung arbeitet derzeit aber auch an einem Impfstoff gegen das Epstein-Barr-Virus. Es gibt verschiedene Medikamente, die Herpesviren hemmen. Sie verhindern, dass sich die Viren in der Zelle vermehren oder an die Zellen andocken. Diese sogenannten Virostatika gibt es als Cremes, Salben oder in Tablettenform. Bei Verdacht auf Infektion mit einem Herpesvirus wenden Sie sich unbedingt an einen Arzt und besprechen mit ihm, welche Therapie für Sie geeignet ist.

Da die Herpesviren jedoch überwiegend bei immungeschwächten Personen (wieder) ausbrechen, zeigt sich: Das beste Mittel gegen eine Infektion ist ein starkes Immunsystem. Das unterstützen Sie durch eine ausgewogene, gesunde Ernährung, eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr und genügend Schlaf und Bewegung. 

Letzte Änderung: 09.09.2024