Wir verwenden Cookies

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell, während andere uns helfen, diese Website und Ihre Erfahrung zu verbessern.

Long Covid: Was dahintersteckt

ArtikelLesezeit: 3:00 min.
Mann sitzt erschöpft auf dem Sofa

Bildnachweis: © stock.adobe.com / Paolese

Genesen, aber nicht gesund – Experten schätzen, dass etwa jeder zehnte Covid-19-Patient noch unter Spätfolgen leidet. Was man bisher darüber weiß und an wen sich Betroffene wenden können, haben wir für Sie zusammengefasst.

Expertenbild

Der Experte zum Thema

Pascal Cordova

Facharzt für Innere Medizin mit Schwerpunkt Kardiologie
ServiceCenter AOK-Clarimedis

Nach über einem Jahr Pandemie ist Covid-19 immer noch eine schwer einzuschätzende Krankheit. Das gilt auch für die Langzeitfolgen. Studien zeigen, dass vier Wochen nach Infektionsbeginn etwa jeder vierte und nach sechs Monaten immer noch jeder zehnte Patient an Symptomen leidet.

Die körperlichen und psychischen Beschwerden werden als Long Covid oder auch Post-Covid-Syndrom bezeichnet. Laut Bundesforschungsministerium könnten in Deutschland schätzungsweise bis zu 350.000 Menschen davon betroffen sein.

Woran erkennt man Long Covid?

Viele Erkrankte wissen nicht einmal, dass sie sich mit dem Coronavirus infiziert hatten. Bei anderen ist die eigentliche Infektion bereits vorüber, wenn die Beschwerden auftreten. Vermeintlich Genesene leiden unter ständigen Kopfschmerzen oder zunehmender körperlicher Schwäche.

Manche der Betroffenen sind nicht mehr in der Lage, ihren bisherigen Tätigkeiten nachzugehen. Die Beschwerden unterscheiden sich individuell sehr.

Welche Symptome treten auf?

Zu den häufigsten Langzeit-Beschwerden infolge von Covid-19 zählen:

  • anhaltende Erschöpfung und Müdigkeit (Fatigue)
  • Kopfschmerzen
  • Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen
  • extreme Kraftlosigkeit
  • Atemnot
  • Störungen des Geruchs- und Geschmackssinns

Seltener kommt es zu Schlafstörungen, Muskel- und Gelenkschmerzen, Haarausfall, vermehrter Angst und Depressionen.

Fatigue, chronisches Erschöpfungssyndrom und Long Covid

Fatigue bezeichnet eine starke Müdigkeit und Erschöpfung, die nicht durch Schlafmangel oder Anstrengung entsteht. Fatigue kann als Begleiterscheinung zum Beispiel bei Krebs, aber auch bei Virusinfektionen auftreten.

Beim chronischen Erschöpfungssyndrom (CFS) hingegen handelt es sich um eine eigenständige chronische Erkrankung. Sie zeichnet sich ebenfalls durch eine langanhaltende und starke Erschöpfung aus – ohne Tendenz zur Besserung.

Wie und ob Fatigue und das CFS mit Long Covid zusammenhängen, ist aktuell noch unklar. Möglicherweise handelt es sich bei Long Covid mehr um eine begleitende Fatigue. Denkbar ist aber auch, dass Betroffene im Anschluss an die Infektion ein CFS entwickelt haben.

Was sind die Ursachen für Long Covid?

Covid-19 gilt als eine Systemerkrankung. Das bedeutet, sie kann jede Zelle des Körpers und damit auch jedes Organ betreffen. Die genauen Gründe für die Dauerbeschwerden sind bisher unbekannt. Derzeit werden zwei denkbare Erklärungen diskutiert:

  • das Immunsystem wurde durch die Infektion durcheinandergebracht und reagiert nun übermäßig stark
  • Reste von Coronaviren verbleiben im Körper und führen so zu den Beschwerden

Dadurch ließe sich auch die Verbesserung der Symptome nach einer Covid-19-Impfung erklären. Möglicherweise trägt die Impfung dazu bei, dass Virusreste schneller abgebaut werden und sich das Abwehrsystem besser erholen kann.

Wer ist von Long Covid betroffen?

Grundsätzlich kann jeder Mensch Spätfolgen nach einer Covid-19-Infektion entwickeln. Ältere Menschen, Frauen und solche mit einem schweren Krankheitsverlauf sind aber vermehrt betroffen.

Neuere Studien zeigen, dass auch Patienten mit eigentlich mildem Krankheitsverlauf, Kinder und Jugendliche darunter leiden. Kinder erkranken zwar seltener schwer an Covid-19, erholen sich allerdings oft nur langsam davon. Auch Monate danach klagen viele über starke Müdigkeit und Schlafstörungen.

Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?

Erste Anlaufstelle für Betroffene ist der Hausarzt. An vielen großen Krankenhäusern und Universitätskliniken gibt es außerdem Post-Covid-Ambulanzen.

Die jeweiligen Ärzte ordnen zunächst die geschilderten Symptome ein. Außerdem müssen andere Krankheitsursachen ausgeschlossen werden. Je nach Symptomen werden unterschiedliche Tests durchgeführt: zum Beispiel Riechtests bei Riechstörungen oder neuropsychologische Tests bei Konzentrations- und Gedächtnisstörungen.

Die Vielzahl der Symptome macht teilweise die Behandlung durch Ärzte mehrerer Fachbereiche wie Kardiologie, Neurologie, Psychologie und Schlafmedizin notwendig. Die Behandlung richtet sich dann nach den individuellen Symptomen.

Frau mit Headset am Computer.

AOK-Clarimedis

Medizinische Hilfe am Telefon.

Was kann man selbst tun?

Die gute Nachricht: Die meisten Long-Covid-Patienten werden wieder ganz gesund. Unsere Tipps für alle, die nach einer Covid-19-Erkrankung weiter Beschwerden haben:

Rat und Hilfe holen

Sprechen Sie mit Ihrem Hausarzt oder suchen Sie eine Post-Covid-Ambulanz auf.

Sich Zeit geben

Hören Sie auf Ihren Körper und schalten Sie insgesamt einen Gang runter. Gerade nach schweren Verläufen braucht auch die Psyche Zeit, um das Erlebte zu verarbeiten.

Symptom-Tagebuch führen

So bekommen Sie einen Überblick über die Beschwerden und wie sie sich verändern. Den behandelnden Ärzten helfen die Aufzeichnungen, Ihre Symptome einzuschätzen und zu behandeln.

Impfen lassen

Erste Untersuchungen zeigen, dass eine Corona-Impfung möglicherweise Long-Covid-Symptome lindern könnte.

Selbsthilfegruppe kontaktieren

Hier können Sie sich über das Erlebte austauschen und erhalten Empfehlungen zum Umgang mit Long Covid.

Wichtig: Ansteckend sind Menschen trotz der Covid-19-Spätfolgen in der Regel nicht mehr. Die meisten sind bereits zehn Tage nach Beginn der Corona-Infektion kein Risiko mehr für andere.

Informationen und Hilfe

Letzte Änderung: 30.07.2021