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Erst mal Dr. Google fragen? Gesundheitsinformationen im Internet

InterviewLesezeit: 2:00 min.
Frau schaut auf ihr Handy während sie am Laptop arbeitet

Bildnachweis: © stock.adobe.com / Drobot Dean

Mehr als 70 Prozent aller Patientinnen und Patienten informieren sich rund um den Arztbesuch im Internet. Auch bei ersten Anzeichen einer Krankheit wird oft Dr. Google befragt. „Das Internet liefert schnell Antworten auf Gesundheitsfragen, jedoch fällt es vielen Menschen schwer, die guten und sicheren Informationen von den falschen und vielleicht gefährlichen zu unterscheiden“, sagt Dr. Astrid Naczinsky.

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Die Expertin zum Thema

Dr. med. Astrid Naczinsky

Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe
Stabsbereichsleiterin Versorgung/Medizin AOK Rheinland/Hamburg

Frau Dr. Naczinsky, Sie werden sicher häufig nach Ihrer ärztlichen Meinung oder Einschätzung gefragt. Wie reagieren Sie?

Redaktion

Gerne gebe ich Auskunft zu Gesundheitsfragen innerhalb meines Fachgebietes. Natürlich verweise ich immer auch auf den Haus- oder Facharzt. Ergänzend können Sie gute und sichere Gesundheitsinformationen aus dem Netz zurate ziehen. Zu bedenken ist, dass nicht jede Quelle gleich gut ist. Vielen Patientinnen und Patienten ist das nicht bewusst. Die Qualität der gefundenen Informationen wird noch zu selten hinterfragt.

Dr. med. Astrid Naczinsky

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Wer „Kopfschmerzen" als Suchbegriff eingibt, findet als Diagnose auch den Hirntumor – wie gelange ich an die richtigen Informationen bzw. suche gezielt?

Redaktion

Ich empfehle, zuerst auf sicheren Seiten zu suchen – nur wenn dort keine Informationen vorliegen, sollten Sie eine Suchmaschine nutzen. Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) stellt fachlich unabhängige, evidenzbasierte Gesundheitsinformationen zu mehr als 300 Krankheiten zur Verfügung. Das nationale Gesundheitsportal liefert wissenschaftlich fundiert und gut verständlich Informationen auf Deutsch, Englisch, Türkisch und Russisch. Dort in der Mediathek findet sich eine Vielzahl an kurzen Erklärfilmen. Es besteht sogar die Möglichkeit, sich alle Texte vorlesen zu lassen. 

Dr. med. Astrid Naczinsky

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Wie schütze ich mich vor fragwürdigen Gesundheitsinformationen?

Redaktion

Informationen aus sicheren Quellen wie dem Robert Koch-Institut, der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung und weiteren staatlichen Instituten können Sie vertrauen. Um Gesundheitsinformationen aus anderen Quellen zu bewerten, gibt es eine Checkliste (siehe unten). Besondere Vorsicht ist geboten, wenn Autoren Angst schüren, zu einer speziellen Behandlung drängen, gängige Behandlungsmethoden ablehnen oder die Heilung einer schweren Krankheit versprechen.

Dr. med. Astrid Naczinsky

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Welche weiteren Gefahren sehen Sie bei der Onlinerecherche und Selbstdiagnose?

Redaktion

Durch das unübersichtliche Angebot und die vielfältigen Informationen sind Patientinnen und Patienten schnell überfordert. Viele verfügen nicht über die Kompetenz, zwischen guten und schlechten Quellen zu unterscheiden. Frei zugängliche Internetforen, in denen fremde Menschen Ratschläge geben, sind keine seriösen Quellen für Antworten auf Gesundheitsfragen – seien Sie kritisch.

Dr. med. Astrid Naczinsky

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Wie empfinden es Ärztinnen und Ärzte, dass viele sich (vor dem Arzttermin) selbst informieren und ggf. bereits ein wenig Wissen vorweisen?

Redaktion

Wir Ärztinnen und Ärzte reagieren häufiger positiv als ablehnend – auch wir müssen umdenken. Im Gespräch mit Patientinnen und Patienten ordnen wir das vorab erworbene Wissen ein und stellen es gegebenenfalls richtig. Das erleichtert in der Regel die Kommunikation und verbessert die Entscheidungsfindung.

Dr. med. Astrid Naczinsky

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Frau mit Headset am Computer.

AOK-Clarimedis

Medizinische Hilfe am Telefon.

In welchen Fällen können sich Menschen mit Beschwerden bedenkenlos an Google und andere Suchmaschinen wenden?

Redaktion

„Bedenkenlos“ würde ich niemals im Internet nach Informationen suchen. Auf sicheren Seiten können Sie vertrauenswürdige Informationen finden. Wichtig ist: Die Recherche im Internet ersetzt nie den Arztbesuch. Bitte vermeiden Sie Selbstdiagnosen.

Dr. med. Astrid Naczinsky

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Sehen Sie eine Veränderung durch KI-Tools, wie zum Beispiel ChatGPT? 

Redaktion

Diagnosen und Entscheidungen für Patienten werden auch zukünftig nicht allein auf der Basis von Web-Informationen oder KI-Tools möglich sein. Ein KI-Tool ist nur so gut und vollständig wie die Daten, mit denen es „gefüttert“ wurde. Digitale Gesundheitsinformationen und -daten, auch aus automatisierten Anwendungen, müssen zunächst bewertet und gewichtet werden, um sie dann anschließend für den Einzelfall zu interpretieren. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) bestehen Chancen in einer verbesserten Diagnostik und klinischen Versorgung. Notwendig ist ein transparenter und verantwortungsvoller Umgang mit KI vor allem in Hinblick auf die Patientensicherheit.

Dr. med. Astrid Naczinsky

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Checkliste

Sie sind bei Ihrer Suche auf eine Internetseite gestoßen, die Ihnen vertrauenswürdig erscheint? Diese Checkliste hilft dabei, gute Inhalte zu identifizieren:

  • Absender
    Informationen zum Betreiber und zur Finanzierung der Seite finden Sie unter „Impressum“, „Kontakt“ oder „Über uns“.
  • Aktualität
    Prüfen Sie das Veröffentlichungs- und Aktualisierungsdatum der Texte.
  • Quellenangaben
    Prüfen Sie, ob ein Autor und seine Qualifikation genannt sowie wissenschaftliche Quellen angegeben werden.
  • Sprache
    Glaubwürdige Texte sind objektiv und neutral geschrieben und Fachbegriffe werden erklärt.
  • Informativer Inhalt 
    Achten Sie darauf, dass Nebenwirkungen und Behandlungskosten offen angesprochen werden und erläutert wird, was bei Nichtbehandlung passiert. Werbliche Inhalte sollten klar als „Werbung“ gekennzeichnet sein.
  • Werbung
    Seien Sie vorsichtig, wenn Produkte oder Leistungen beworben oder direkt vermarktet werden.

Weitere Tipps für die Suchen nach Gesundheitsinformationen im Netz sowie eine Übersicht über zuverlässige Internetseiten finden Sie hier.


Letzte Änderung: 14.06.2024