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Brustkrebs: „Im Idealfall bringt der Gentest eine Entlastung“

InterviewLesezeit: 4:30 min.
Wattestäbchen und Röhrchen für einen Wisch DNA Test.

Bildnachweis: © istockphoto.com / fotoquique

Interview mit Prof. Dr. Rita Schmutzler vom Zentrum für familiären Brust- und Eierstockkrebs an der Universitätsklinik Köln/Bonn.

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Die Expertin zum Thema

Prof. Dr. Rita Schmutzler


Zentrum für familiären Brust- und Eierstockkrebs an der Universitätsklinik Köln / Bonn

Frau Prof. Schmutzler, angenommen, ich komme aus einer Hochrisikofamilie, es sind also tatsächlich mehrere Verwandte an Brust- oder Eierstockkrebs erkrankt: Welchen Vorteil bringt mir dann noch ein Gentest?

Redaktion

Ein Gentest soll im Idealfall eine Entlastung bringen. Denn wenn möglich, wird der Test zunächst bei einem bereits erkrankten Familienmitglied durchgeführt. Trägt dieses eine krankheitsverursachende Veränderung in einem der Risiko-Gene in sich, die gesunde Person aber nicht, bringt das eine enorme Erleichterung für die gesunde Frau.

Prof. Dr. Rita Schmutzler

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Und wenn der Test positiv ausfällt?

Redaktion

Das kann tatsächlich sehr belasten oder verunsichern. Wir raten daher jeder Frau, sich vor einem Test in einem Zentrum für familiären Brustkrebs beraten zu lassen. Man sollte sich vorher darüber im Klaren sein, was die Konsequenzen eines positiven Ergebnisses sind.

Prof. Dr. Rita Schmutzler

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Wie wären die zum Beispiel?

Redaktion

Bei positivem Testergebnis, d.h. dem Nachweis einer Genveränderung in einem Risikogen, ist das Risiko für Brust- und/oder Eierstockkrebs deutlich erhöht. Da wir mittlerweile rund ein Dutzend Risikogene kennen, die unterschiedliche Risikoerhöhungen verursachen, ist es wichtig, diese Risiken so genau wie möglich zu beziffern.

Für die Hochrisikogene BRCA1 und BRCA2 beträgt das lebenslange Risiko an Brustkrebs zu erkranken, rund 80 Prozent. Das Risiko, an Eierstockkrebs zu erkranken, beträgt 20 bis 40 Prozent. Wichtiger als die lebenslangen Risiken sind aber die Risiken in einem überschaubaren zeitlichen Rahmen, etwa in den nächsten 10 Jahren. Nur dies erlaubt es den Ratsuchenden, die derzeit für sie besten Entscheidungen zu treffen.

Als präventive Maßnahmen stehen insbesondere zwei Optionen zur Verfügung. Die intensivierte Früherkennungsuntersuchung der Brust und die prophylaktische Entfernung des Brustdrüsen- und/oder Eierstock-/Eileitergewebes. Da es für Eierstockkrebs keine wirksame Früherkennung gibt, raten wir den Frauen mit einem deutlich erhöhten Risiko zu einer prophylaktischen Entfernung der Eierstöcke.

Prof. Dr. Rita Schmutzler

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Ärztin im Gespräch mit einem Paar

Erkennen und heilen

Krebsfrüherkennung ist wichtig!

Ist das ein großer Eingriff?

Redaktion

Nein, das kann durch eine ambulante Bauchspiegelung gemacht werden, die mit sehr geringen Risiken behaftet ist.

Prof. Dr. Rita Schmutzler

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Raten Sie auch zur vorsorglichen Entfernung der Brustdrüsen?

Redaktion

Das besprechen wir ebenfalls mit den betroffenen Frauen. Für Brustkrebs gibt es ja als Alternative gute Früherkennungsprogramme. Verhindern lässt sich der Krebs dadurch aber nicht. Einige Frauen entscheiden sich daher für die vorsorgliche Entfernung der Brustdrüsen.

Prof. Dr. Rita Schmutzler

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Das ist ein großer Eingriff.

Redaktion

Ja, und es muss auch ein Konzept zum Wiederaufbau der Brust besprochen werden. Daher sollte jede Frau vor dem Eingriff nochmals ausführlich über ihr individuelles Risiko beraten werden, welches vom betroffenen Gen, dem Lebensalter und weiteren Faktoren abhängt. So kann sie sich diesen Schritt genau überlegen.

Prof. Dr. Rita Schmutzler

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Was ist, wenn kein erkranktes Familienmitglied für den Test zur Verfügung steht?

Redaktion

In diesem Fall ist der Gentest weniger aussagekräftig. Zum Beispiel kann ein negatives Testergebnis dann kaum entlasten. Denn man weiß in diesem Fall nicht, ob der Brustkrebs in der Familie überhaupt genetisch bedingt ist. In solchen Fällen raten wir nur dann zu einem Test, wenn das statistische Erkrankungsrisiko sehr hoch ist.

Prof. Dr. Rita Schmutzler

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Letzte Änderung: 21.09.2020