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Vegan als Teenager – so können Eltern ihre Kinder unterstützen

ArtikelLesezeit: 5:00 min.
Jugendliche isst einen Salat

Bildnachweis: © istockphoto.com / Imgorthand

Immer mehr Jugendliche wollen auf Fleisch und Tierprodukte verzichten. Doch ihr Körper ist noch im Wachstum und braucht bestimmte Nährstoffe. Steht der Entschluss fest, ist es wichtig, Ihr Kind bei der Umsetzung zu begleiten und zu unterstützen. Worauf Sie achten sollten, welche Nährstoffe die Kinder brauchen und worin sie enthalten sind, fassen wir für Sie zusammen.

Expertenbild

Die Expertin zum Thema

Bianca Mariano-Hetzel

Diätassistentin und Ernährungsberaterin/DGE

Vegan zu essen ist mehr als ein Trend. Laut einer aktuellen Studie im Auftrag der Heinrich-Böll-Stiftung hinterfragen knapp 40 Prozent der jungen Erwachsenen ihren Fleischkonsum. 12,3 Prozent haben ihn komplett eingestellt, ernähren sich vegetarisch oder vegan – Tendenz steigend.

Ethische Gründe wie Tierschutz und Tierhaltung sind unter Teenagern die häufigsten Motive bei der Entscheidung für einen veganen Lebensstil. Vegan bedeutet: keine tierischen Lebensmittel – auch keine Milch, Eier und Honig.

Tierprodukte einfach weglassen reicht nicht

Jugendliche in Wachstum und Entwicklung haben einen besonderen Nährstoffbedarf. Einfach Fleisch, Milch und Käse wegzulassen, reicht daher nicht aus, um diesen zu decken. Auch veganes Fast-Food oder Ersatzprodukte sind keine Lösung für eine vollwertige Ernährung.

Sich gesund vegan zu ernähren, erfordert von den Jugendlichen daher eine intensive Beschäftigung mit dem Thema Ernährung. Welche Nährstoffe brauchen sie, worin sind sie enthalten und was muss gegebenenfalls über Nahrungsergänzungsmittel ersetzt werden? Damit die vegane Ernährung gelingt, braucht es also eine hohe Motivation und Mitarbeit Ihres Kindes. Denn Mahlzeiten und Einkäufe müssen gut geplant sein, damit sie sich in den (nicht veganen) Familienalltag integrieren lassen.

Wissenschaftliche Empfehlungen

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt eine vegane Ernährung für Kinder und Jugendliche bislang nicht – mit Verweis auf eine noch unzureichende Studienlage. Die Fachgesellschaften der USA und anderer europäischer Länder sind hingegen weniger kritisch. Auch einige deutsche Ernährungswissenschaftler wie Prof. Dr. Markus Keller vom Institut für pflanzenbasierte Ernährung (IFPE) betonen die positiven Seiten einer veganen Ernährung auch für Kinder und Jugendliche. Er sieht darin Potenzial, ernährungsbedingtem Übergewicht und damit in Folge Diabetes, Bluthochdruck, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs vorzubeugen.

Die Abwechslung macht‘s

Wichtige Voraussetzung für eine gelungene, gesunde vegane Ernährung: Sie ist abwechslungsreich und vollwertig. Das bedeutet, möglichst hochwertige Lebensmittel zu verwenden und Mahlzeiten frisch zuzubereiten. Kritische Nährstoffe wie Vitamin B12 müssen supplementiert (also mit Nahrungsergänzungsmitteln ersetzt) werden.

Tatsächlich zeigen Studien, dass Veganer deutlich mehr Gemüse, Obst und Vollkornprodukte essen als die Allgemeinbevölkerung. Auch bei der Aufnahme von Fett, Eiweiß und Kohlenhydraten liegen sie näher an den aktuellen Empfehlungen der DGE.

Welche Nährstoffe sind besonders wichtig?

Bestimmte Nährstoffe gelten bei sich vegan ernährenden Kindern und Jugendlichen als kritisch. Das bedeutet, dass die tatsächliche Aufnahme unter den von der DGE empfohlenen Werten liegt. Dabei ist es gut möglich, einen Großteil dieser wichtigen Nährstoffe über eine abwechslungsreiche pflanzliche Vollwertkost aufzunehmen.

Absolute Ausnahme ist Vitamin B12. Es übernimmt wichtige Funktionen für das zentrale Nervensystem und gilt als DAS kritische Vitamin in der veganen Ernährung. Vitamin B12 kommt in pflanzlichen Lebensmitteln nicht vor und muss daher gezielt zugeführt werden. Das ist über Nahrungsergänzungsmittel (zum Beispiel in Tropfenform) oder mit B12-angereicherter Zahnpasta möglich.

Auch bei Jod und Vitamin D (vor allem in den Wintermonaten) kann eine Supplementierung in Absprache mit dem Jugend- oder Hausarzt notwendig sein. Das liegt jedoch nicht unbedingt an der veganen Ernährung – auch Nicht-Veganer sind hier oft nicht ausreichend versorgt.

Kritische Nährstoffe: in diesen pflanzlichen Lebensmitteln sind sie drin

Kalzium

Kalzium ist die Bausubstanz für gesunde Knochen und Zähne. Es steckt normalerweise in Milch und Milchprodukten. Gute Kalziumquellen für Veganer sind kalziumreiche Mineralwässer (mindestens 400 mg Kalzium pro Liter) sowie mit Kalzium angereicherte Pflanzendrinks. Es ist auch in grünem Gemüse (Brokkoli, Grünkohl, Pak Choi) enthalten. Außerdem liefern Nüsse und Ölsaaten (Sesam, Mandeln, Haselnüsse) sowie Getreide und Hülsenfrüchte Kalzium.

Tipp: Einweichen, Garen und Keimen verbessert die Verfügbarkeit von Kalzium.

Jod

Jod beeinflusst als Bestandteil der Schilddrüsenhormone den gesamten Stoffwechsel, unter anderem das Wachstum sowie die Entwicklung von Knochen und Gehirn. Jodiertes Speisesalz und Meeresalgen mit definiertem Jodgehalt (z. B. Nori-Algen in Flockenform oder Algenpresslinge) können eine ausreichende Zufuhr sicherstellen. Gelingt das nicht, sollten die Jodgaben in Absprache mit dem Jugend- oder Hausarzt durch Jodtabletten erfolgen.

Tipp: Streuen Sie die süß-würzigen Nori-Algen einfach als Topping über Salate, Suppen oder Pfannengerichte.

Eisen

Eisen benötigt der Körper vor allem für den Sauerstofftransport im Blut. Eisenreiche pflanzliche Lebensmittel sind zum Beispiel Hafer, Hirse, Hülsenfrüchte, Sesam und Kürbiskerne. Da Kalzium die Eisenaufnahme beeinträchtigt, lassen Sie das Getreide am besten in Wasser oder kalziumfreien Pflanzendrinks quellen.

Tipp: Pflanzliches Eisen wird schlechter verwertet als tierisches. Die Verfügbarkeit lässt sich aber deutlich verbessern, wenn dazu Vitamin-C-haltige Lebensmittel kombiniert werden – etwa ein Glas Orangensaft. Für Dressings oder zum Abschmecken eignet sich auch gepresster Zitronen- oder Limettensaft.

Zink

Zink schützt unsere Körperzellen und ist wichtig für ein funktionierendes Immunsystem. In pflanzlichen Lebensmitteln steckt es vor allem in Vollkorngetreide (Haferflocken), Hülsenfrüchten (Sojabohnen), Nüssen (Paranüssen, Walnüssen) und Ölsamen.

Tipp: Einweichen, Garen, Rösten oder Keimen verbessert die Aufnahme.

Omega-3-Fettsäuren

Omega-3-Fettsäuren sind essenziell für das Wachstum und die gesunde Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. Sie finden sich in Raps-, Walnuss-, Lein- und Hanföl. Es gibt auch extra angereichertes Olivenöl mit Fettsäuren aus Mikroalgen.

Tipp: Zum Braten eignen sich am besten Kokos- oder spezielle Bratöle, Raps- und Olivenöl zum Dünsten. Leinöl, Walnussöl, Hanföl und angereicherte Öle sollten Sie im Kühlschrank aufbewahren und unerhitzt für Salate, Aufstriche und Dips verwenden.

Vitamin B2

Vitamin B2 wird im gesamten Energiestoffwechsel benötigt. Außer Keimlingen und Sprossen sind auch Grünkohl, Brokkoli, Spargel, Mandeln, Cashewkerne und Hefeflocken reich an Vitamin B2.

Tipp: Hefeflocken sind sehr würzig. In Soßen, Suppen oder Aufläufen verstärken sie den Eigengeschmack der Speisen. Sie enthalten viele B-Vitamine, aber kein Vitamin B12.

Protein

Proteine (Eiweiße) sind die Grundlage für unsere Muskeln, Organe, verschiedene Enzyme sowie Hormone. Außerdem helfen sie dabei, Sauerstoff und Nährstoffe durch den Körper zu transportieren. Pflanzliche Lebensmittel enthalten meist weniger Eiweiß als tierische. Hier sollten Veganer verschiedene Lebensmittel mit pflanzlichem Eiweiß kombinieren. Gute Proteinlieferanten sind Hülsenfrüchte, Soja, Lupine, Getreide, Pseudogetreide wie Quinoa, Amaranth, Hirse und Buchweizen, aber auch Nüsse und Samen.

Tipp: Perfekte Protein-Kombis (mit hoher biologische Wertigkeit) liefern zum Beispiel rote Linsensuppe oder Erbseneintopf mit Brot, Maistortillas mit Kidneybohnen oder Haferflocken mit Sojamilch. Die verschiedenen Proteinlieferanten können aber auch über den Tag auf verschiedene Mahlzeiten verteilt werden.

Wann ist die vegane Ernährung ungeeignet?

Für Jugendliche, die untergewichtig sind oder an einer Essstörung leiden, ist eine vegane Ernährung nicht geeignet. Ausschlusskriterium ist auch eine kombinierte Soja-/Nussallergie.

Frau kocht und probiert ihr Essen

Fragen zur Ernährung?

Hier geht es zu den Ernährungs- und Kochkursen der AOK.

Vegane Teenager: Versorgung mit Nährstoffen kontrollieren

Wichtig ist, regelmäßig die kritischen Nährstoffe überprüfen zu lassen. Sprechen Sie dazu am besten mit Ihrem Jugend- oder Hausarzt.

Besprechen Sie mit Ihrem Kind, was im (Ess-)Alltag gut umgesetzt wird und was besserlaufen könnte. Wo ist mehr Eigeninitiative oder Unterstützung angesagt? Ist die Motivation weiterhin groß genug? Oder können Zugeständnisse in Richtung vegetarischer Ernährung mit Milch und/oder Ei sinnvoll sein? Gibt es offene Fragen, kann auch eine Ernährungsberatung helfen.

Sicher trägt die Entscheidung Ihres Kindes, sich vegan zu ernähren auch dazu bei, den Blick auf die eigenen (Ess-)Gewohnheiten und die der Familie zu lenken. Möglicherweise könnte daraus sogar ein Wunsch entstehen: Mehr Gemüse, Obst und Vollkorn für alle!

Hier finden Eltern mehr Informationen und fachliche Unterstützung:

Buchempfehlung: Das Buch „Vegane Kinderernährung: Gut versorgt in jeder Altersstufe“ von Edith Gätjen und Markus Keller (Ulmer-Verlag 2020, ca. 28 Euro) bietet einen umfangreichen Infoteil, Angaben über altersgemäße Verzehrmengen, eine vegane Tauschtabelle sowie 100 vegane Rezepte.

Letzte Änderung: 06.09.2021